Beckenbodenzentrum
In unserem mehrfach zertifizierten Zentrum erwartet Sie ein Team aus mehreren unterschiedlichen medizinischen Fach- und Berufsbereichen, um Ihre Beckenbodenbeschwerden ganzheitlich zu behandeln. In interdisziplinären Konferenzen entwickeln wir auf Basis aller relevanten Befunde für Sie ein individuelles Behandlungskonzept.
Behandlungsspektrum
Bundesweit leiden nach Experteneingabe rund 6 Mio. Menschen unter Harninkontinenz. Drei Viertel von ihnen sind Frauen. Auch Jüngere sind betroffen.
Es gibt mehrere Formen von Harninkontinenz. Besonders häufig sind Drang- und Belastungsinkontinenz sowie eine Mischform dieser beiden. Unser Team aus Spezialist*innen entwickelt für Sie ein individuelles Behandlungskonzept.
- Belastungsinkontinenz
- Dranginkontinenz
- Mischharninkontinenz
- Dranginkontinenz - Nächtliches Einnässen (Nocturnal Enuresis)
- Unbewusste Inkontinenz
- Interstitielle Cystitis
In der Regel ist die Überdehnung der Beckenbodenmuskulatur infolge einer oder mehrerer Schwangerschaften und Geburten, die Ursache. Seltener ist eine angeborene Bindegewebsschwäche für Senkungsbeschwerden verantwortlich. Weitere Ursachen für eine langfristige Überlastung des Beckenbodens können sein: starkes Übergewicht, dauerhafter Husten durch eine chronische Bronchitis bzw. asthmatische Erkrankung, chronische Verstopfung, schwere körperliche Arbeit oder hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren.
Formen der Beckenbodenschwäche/-Senkung
- Zystozele (Senkung der Blase)
- Rektozele (Senkung des Mastdarms)
- Scheidenstumpfprolaps (Senkung des Scheidenstumpfes nach einer Totaloperation)
- Uterusprolaps (Senkung der Gebärmutter)
Stuhlinkontinenz ist eine Störung des Afterverschlusses, die dazu führt, dass die Stuhlentleerung nicht mehr exakt kontrolliert werden kann oder Darmgase ungewollt entweichen. Erste Anzeichen können Nässen in der Afterumgebung und verschmutzte Wäsche sein.
Der erfahrene Enddarmspezialist kann die komplizierten Ursachen der Verschlussstörung aufklären und lindern oder auch beheben. Gerade hier verhindern frühzeitige, fachkundige Diagnose und Behandlung Schäden, die sonst die Lebensqualität dauerhaft beeinträchtigen.
Mit After- und Beckenboden-Übungen können Sie der unangenehmen Folge eines nicht mehr intakten Schließmuskels vorbeugen.
Als Mischharninkontinenz wird jede Inkontinenz bezeichnet, die sowohl Symptome der Drang- als auch solche der Belastungsinkontinenz aufweist.
- Dranginkontinenz (unwillkürlicher Harnverlust während des Schlafs)
- Unbewusste Inkontinenz (kontinuierlicher Harnverlust, Reflexinkontinenz, Überlaufblase)
Die Überlaufblase kann u.a. durch Abflussbehinderungen (z.B. vergrößerte Prostata) oder durch mangelnde Blasenkontraktionsfähigkeit verursacht sein.
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass man einmal täglich Stuhlgang haben sollte. Laut Definition der WHO (Welt-Gesundheits-Organisation) ist als normal zu bezeichnen, wenn man alle 3 Tage bis hin zu dreimal täglich Stuhlgang hat.
Entleerungsstörungen sind eine besondere Form der Verstopfung und können die Folge von Enddarmveränderungen sein, z. B. eines (gutartigen) inneren Mastdarmvorfalls. Aber erst nach sorgfältiger Untersuchung ist eine zielgerichtete Behandlung angezeigt und möglich.
Team
Luljeta Korca
Chefärztin Frauenklinik
Dr. med. Ralf Schmidt
Oberarzt Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
Dr. med. Andreas Wiedemann
Chefarzt Urologische Klinik
Dr. med. Sylke Düllberg-Boden
Chefärztin Klinik für Neurologie
Nadine Leidag
Physiotherapeutin
Diagnostik
Durch eine einfache gynäkologische Tastuntersuchung ist die Kontraktilität des Beckenbodens beurteilbar. Lageveränderungen können durch eine Spiegeleinstellung festgestellt werden. Die Introitussonografie zeigt neben dem inneren Genitale auch Mobilität und Veränderungen des Verschlussmechanismus der Harnröhre.
Bei der Blasenfunktionstestung werden durch einen feinen Blasenkatheter die Drücke in der Blase und der Harnröhre in Ruhe und bei Belastung (Husten) gemessen. Diese Drücke werden aus den aufgezeichneten Kurven zueinander in Beziehung gesetzt. Hieraus lassen sich Rückschlüsse auf die Art und Ursache der Inkontinenz zeihen.
Eine Erkrankung der Blasen- oder Harnröhrenschleimhaut kann ebenfalls eine Drangsymptomatik mit Inkontinenzepisoden nach sich ziehen. Eine Blasen-Harnröhrenspiegelung mit Probeentnahme, ergänzt durch eine Weitenmessung der Harnröhre, bringt Klarheit. In seltenen Fällen ist eine Röntgenaufnahme der Blase und Harnwege erforderlich.
Entsprechend den Beschwerden schließen sich an die einfache Tastuntersuchung verschiedene diagnostische Verfahren an: Bei der Darmspiegelung werden Veränderungen und Reizzustände der inneren Darmwand offenkundig. Die Defäkografie zeigt, ob der Stuhlgang einwandfrei befördert oder die Passage behindert wird. Bei der ergänzenden Manometrie wird der Druck des Enddarmschließmuskels geprüft.
Da die Funktion des Beckenbodens durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Nervensysteme getriggert wird, können sich Erkrankungen des Nervensystems auch am Beckenboden zeigen. Funktionsuntersuchungen mit Nervenleitmessung sind u.a. erforderlich, um die Erkrankung zu erkennen. Ergänzend kommen moderne radiologische Verfahren zum Einsatz.
Konservative Therapie
Bevor eine Operation in Erwägung gezogen wird, sollten aus unserer Sicht erst alle konservativen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sein. Deshalb gehören zu unserem Beckenbodenteam Physiotherapeutinnen, Psychotherapeutinnen und Ernährungsberaterinnen.
In vielen Fällen kann eine gezielte Physiotherapie lästige Symptome wie Harndrang, Harnverlust oder Stuhlverlust mindern. Sie ist oft auch bei Schmerzen im kleinen Becken erfolgreich, wenn diese bedingt sind durch Muskelverspannungen, Bänderverkürzungen, Bindegewebsverklebungen, Narben oder Blockaden im Kreuz- oder Steißbeinbereich.
Im Falle einer Operation hilft eine Physiotherapie, die vorher inaktiv gewordene Muskulatur wieder aufzutrainieren.
Behandlungsspektrum der Physiotherapie
- Biofeedback, Elektrostimulation
- Beckenbodenschulung und Wahrnehmung
- Rüttelplattentherapie
- Osteopathie
- klassische Massagen (Bindegewebsmassage, Kolonmassage u.v.m.)
Bei ca. 20% aller Patientinnen hat das körperliche Leiden eine seelische Ursache. Die Psychotherapeutin Dr. med. Juliane von Hodenberg klärt im Gespräch einen möglichen Behandlungsbedarf und vermittelt ggfs. eine entsprechende Therapie. So soll eine durch psychische Faktoren bedingte Chronifizierung von Funktionsstörungen und Erkrankungen des Beckenbodens vermieden werden.
Übergewicht kann Ursache einer Inkontinenz oder Senkungsproblematik sein. Deshalb bieten wir für alle Übergewichtigen mit Beckenbodenproblematik eine diätetische Beratung an.
Eine ungestörte Harnblasen- und Darmfunktion erfordert ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Nervensysteme, die den Verschlussmechanismus und die Muskulatur steuern. Hier setzt die Pharmakotherapie an. Sie sollte stets durch das Führen eines Miktionstagebuches zur Wahrnehmungsschulung begleitet werden.
Bei Harndrang kann die Beseitigung eines lokalen Hormonmangels zur Symptombesserung führen.
Für die Therapie der überaktiven Blase und bei Belastungsinkontinenz stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung.
Pessare sind eine bewährte Alternative zur operativen Therapie urogynäkologischer Erkrankungen, vor allem wenn hohe Operationsrisiken bestehen. Ein Pessar wird ähnlich wie ein Tampon in die Scheide eingeführt. Es drängt gesenktes Gewebe oder vorgefallene Organe zurück.
Nachteil: Das Pessar muss entweder täglich durch die Patientin selbst oder alle 4–6 Wochen durch die behandelnde Ärztin/ den behandelnden Arzt gewechselt werden.
Operative Therapie
Haben die konservativen Behandlungsmethoden nicht den gewünschten Erfolg gezeigt, kommt gegebenenfalls eine operative Korrektur der gestörten Funktion oder eine operative Rekonstruktion des Beckenbodens in Betracht. Hierfür beherrschen wir folgendes Leistungsspektrum:
Behebung der weiblichen und männlichen Harninkontinenz
- spannungsfreie Polypropylenbänder (retropubisch und transobturatorisch)
- abdominale Kolposuspension nach De Lancey
- urethrale Unterspritzung
- Schließmuskelunterspritzung
- Botulinum Toxin-Injektion
- direkte Medikamenteneingabe in die Blase
Das Ärztinnenteam der Frauenklinik am EvK bietet in enger Zusammenarbeit mit den urologischen und proktologischen Kolleg:innen eine eigens dafür eingerichtete urogynäkologische Sprechstunde an. Um sich dort vorzustellen, reicht eine Überweisung bzw. ein Einweisungsschein von der niedergelassenen Frauen- oder Hausärztin/dem niedergelassenen Frauen- oder Hausarzt.
Behebung von Senkungszuständen
- vaginale Rekonstruktionen einschließlich Vaginaefixatio nach Amreich-Richter
- abdominale Rekonstruktionen von Lateraldefekten Level II/III
- vaginale und abdominale Polypropylen-Netz-Einlagen in der Rezidivsituation
- pelviskopische Hysteropexien und Kolposakropexien